April 2002
Thun BE, 4. April 2002 Wie die Westschweizer Tageszeitung wenige Tage später berichtet, setzt sich ein 26jähriger indonesischer Anwalt in Bern versehentlich in den Zug nach Thun, obwohl er nach Genf fahren will, wo der Spezialist für Menschenrechte an einer UNO-Menschenrechts-Konferenz teilnimmt. Er hat keinen Pass auf sich, weil er in der niederländischen Botschaft ein Visagesuch stellte und seinen Pass abgeben musste. Plötzlich wird er von einigen Personen umringt, die seine Fahrkarte sehen wollen. Sie werfen ihm Schwarzfahren vor und verlangen vom ihm Geld. Sie schlagen ihn und legen ihm Handschellen an. In Thun führen sie ihn ein Lokal, wo der Anwalt schlussendlich sechzig Franken bezahlt. Nussbaumen AG, 6. Arpil 2002 Im Jugendhaus besuchen rund 150 Personen aus der Skinhead-Szene ein Konzert, das von einem eigenen Sicherheitsdienst abgesichert wird. Der Dienst für Anaylse und Prävention (DAP) bezeichnet die Veranstaltung später als "Konzert SHS", also als Konzert der Schweizer Hammerskinheads. Regensdorf ZH, 8. April 2002 Die Bürgergemeindeversammlung lehnt neun von zwanzig Einbürgerungsgesuchen ab. Die Einbürgerungswilligen - insgesamt 54 Männer, Frauen und Kinder - stammen vorwiegend aus osteuropäischen Ländern. Kanton Glarus, 10. April 2002 An rund zwanzig Stellen im Kanton sprayen Unbekannte an guten sichtbaren Stellen die Parole "Balkis usä". Straubenhardt/Schwann (Deutschland), 13. April 2002 Eingeladen von mehreren rechtsextremistischen Organisationen sollen der Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub, sowie der Berliner Anwalt Horst Mahler zum Thema "Zuwanderungslüge" sprechen. Nach Interventionen der örtlichen Behörden und der Ankündigung von antifaschstischen Demonstrationen sagen die Organisatoren die Vorträge kurzfristig ab. Buchs SG, Mitte April 2002 In einem Brief an die Kantonsregierung fordert der Buchser Gemeinderat, dass der Kanton "vorübergehend auf die Zuweisung von Schwarzafrikanern" in das Asylbewerber-Zentrum verzichten solle. Zürich, 17. April 2002 Bei der Haltestelle Rentenanstalt liegen farbige Papierstreifen mit der Aufschrift "Stop Jud!" Luzern, 19. - 21. April 2002 Wie in den vorangegangenen Jahren werden an mehreren Ständen der Waffensammlerbörse von einschlägig bekannten Anbietern NS-Devotionalien (SS-Zeichen, NSDAP-Abzeichen etc.) feilgeboten. Messeorganisator Hans Biland wiegelt einmal mehr ab: "Wir können aber nicht jeden Aussteller genau kontrollieren." Steinen SZ, 20. April 2002 Die "Neue Luzerner Zeitung" berichtet: "In Steinen ist ein 16-jähriger Realschüler von der Schule dispensiert worden." Aufgefallen sei der Schüler vor allem durch das Kritzeln und Sprayen von nationalsozialistischen Symbolen. Er solle auch gedroht und provoziert haben. Der Schüler war bereits zweimal einschlägig verwarnt worden. Münchenbuchsee BE, 21. April 2002 Kurz nach fünf Uhr morgens will eine Patrouille der Kantonspolizei eine Gruppe von rund 30 teilweise mit Schlagwerkzeugen bewaffneten Skinheads kontrollieren. Die Naziskins ergreifen die Flucht, nur eine Person können die Beamten überprüfen. Einige weitere Skins kehren später zum Bahnhof zurück, bevor sie sich gegen neun Uhr entfernen. Genf, 27. April 2002 Rund fünfhundert Menschen demonstrieren gegen den französischen Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen. Mehrere Skinheads attackieren eine Gruppe jugendlicher Manifestanten und wollen ihnen die Transparente entreissen. Gemäss einem Angegriffenen hätten die Angreifer auch "Sieg heil" geschrien. Die Angreifer werden sofort vertrieben. Entlang der Demonstrationsroute klebten auch Flugblätter einer kleinen französischen Rechtsextremisten-Gruppe. Biel, 29. April 2002 In einer Diskussionssendung von Radio Suisse Romande über den französischen Rechtsextremisten Jean Marie Le Pen wird Jürg Scherrer, Bieler Gemeinderat und Präsident der Schweizer Freiheitspartei, mit einer Aussage von Le Pen konfrontiert, wonach der Holocaust "ein Detail" des Zweiten Weltkrieges sei. Scherrer erwidert daraufhin: "Das ist ein Detail der Geschichte, das ist ganz klar. Aber es hat auch andere Völkermorde gegeben." Auf Nachfrage des Journalisten bestätigt Scherrer seine Aussage. Nach heftigen Angriffen behauptet Scherrer Tage später, er habe die Frage falsch verstanden und sei in eine Falle getappt. Auch beschimpft er die Journalisten als "salauds" (Sauhunde) und behauptet, ihr Interview sei Teil einer Kampagne der Sozialistischen Internationale gegen rechte Politiker. Ein Bieler Untersuchungsrichter ermittelt von Amtes wegen wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm. Nach ersten Abklärungen eröffnet der Generalprokurator kein Strafverfahren, da Scherrers Äusserungen nicht strafbar seien. Rohr AG, 29. April 2002 Der "Tages-Anzeiger" berichtet über das Schicksal einer pakistanischen Asylbewerberfamilie, die seit acht Jahren in einem Container leben muss. Eine Küche, eine Nasszelle und zwei schmale Zimmer. Als verschiedene Personen und Institutionen die Aslybewerberfamilie im Herbst 2000 unterstützen, wirft der Gemeinderat den Eltern vor, zwei der Kinder "unter Kenntnis der akutellen Wohnsituation" gezeugt zu haben. Weiter schreibt der "Tages-Anzeiger": Übergriffe und Belästigungen "hat es in letzten Jahren viele gegeben: Jugendliche warfen Steine gegen den Container, Fenster gingen in die Brüche und Rolläden wurden beschädigt. Am 1. August 2001 knallte eine Rakete gezielt in den Container, und X. wurde einmal vor der Behausung mit Plastikschrot aus einer Soft-Air-Waffe angeschossen. Auch wen die Polizei bei ihren Patrouillen regelmässig in der Nähe vorbeikommt: Nächtliches Grölen und Johlen ist häufig und eines Morgens fand die Familie gar menschliche Exkremente vor der Haustür."