November 2002
SVP-Asyl-Initiative, November 2002 Bei verschiedenen Diskussionsveranstaltungen um die SVP-Asylinitiative äussern sich Initiative-BefürworterInnen wiederholt rassistisch. So berichtet die Basler Zeitung (7. November) über eine Podiumsdiskussion in Basel: "Den Hinweis von Gysin (Remo Gysin, SP-Nationalrat) schliesslich, die Schweizer Behörden hätten bei einer Ausschaffung durch brutales Vorgehen auch schon den Tod eines abgewiesenen Asylbewerbers verursacht, quittiert ein Teil der Versammlung mit offenem Lachen." Und der Tages-Anzeiger (11. November) berichtet über eine SVP-Veranstaltung in Cham: "'Abfahre mit dene!', rufen die Ersten, 'internieren!' und sie klatschen, wenn vom Podium Sätze fallen wie: Dem Paradies Schweiz die Attraktivität nehmen. 'Falsche' und 'renitente' Flüchtlinge hart anfassen. Gefängnisse dürften nicht wie Hotelbetriebe sein. 'Wasser und Brot reicht und ein Dach über den Kopf', ruft SVP-Nationalrat Bruno Zuppiger - das fällt hier auf fruchtbaren Boden, und der Zusatz aus dem Publikum: 'Me chan ine ja gliich e Suppe gää‘, erntet Lacher." Und auch: "Es fällt das Wort Angst. Das Wort Kriminalität. Gewalt. Drogen. Und natürlich präzisieren sie. Nicht jeder 'Jugo‘ sei so, aber - die Angst, in der Nacht alleine unterwegs zu sein. Oder die Befürchtung, dass das eigene Mädchen in der Schule bald das einzige Schweizer Kind sei. Oder dass der Asylbewerber mehr Recht hat als der Schweizer, dass ..." Malters LU, Anfang November 2002 In den Briefkästen liegt ein vierseitiges Flugblatt, das mit "SD - Schweizer Demokraten, Sektion Innerschweiz" unterzeichnet ist. Es enthält einen längeren Text des einschlägig bekanntenJournalisten Charly Pichler. Der Bericht ist bereits vor Wochen in einem Thurgauer Gratisblatt erschienen und verbreitet eine angeblich wahre Geschichte über einen "Asylbewerber mit Spitzenverdienst". In einem Nachsatz fordert das Flugblatt, den Luzerner CVP-Regierungsrat Markus Dürr, Malters "in seinen Anstrengungen gegen das importierte Schmarotzer- und Verbrechertum zu unterstützen." Einsiedeln SZ, 8. November 2002 Der Abt Martin Werlen ergreift in der Fernsehdiskussion-Sendung "Arena" das Wort, nachdem der Berner SD-Nationalrat Bernhard Hess gestänktert hatte: "Was hat dieser Geistliche hier zu suchen?". In den darauffolgenden Wochen erhält der Abt daraufhin täglich anonyme Schmähbriefe. Der Katholischen Volkspartei (KVP) ist der Auftritt gar Anlass für eine Medienmitteilung, der Abt bewege sich "im politischen Zwielicht". Luzern, 9. November 2002 Die Polizei nimmt rund ein Dutzend Rechtsextremisten vorübergehend fest, die offensichtlich eine Kundgebung gegen die SVP-Asylinitiative angreifen wollen. Einsiedeln SZ, 24. November 2002 Die Stimmenden lehnen alle drei Einbürgerungsgesuche ab. Die Abgelehnten stammen aus verschiedenen Staaten des ehemaligen Jugoslawien. Freienbach SZ, 24. November 2002 Die Stimmberechtigten lehnen drei von acht Einbürgerungsgesuchen ab. Die Eingebürgerten stammen aus Italien, Deutschland und der Türkei, die Abgelehnten aus Jugoslawien. Die beiden italienischen und der deutsche Gesuchssteller werden eindeutig (mit über siebzig Prozent), die beiden türkischen jedoch knapp eingebürgert. Schwyz, 24. November 2002 Die Stimmberechtigen lehnen sechs von sieben Einbürgerungsgesuchen ab, sie stimmen nur dem Gesuch eines Mannes italienischer Herkunft zu. Jene Menschen, denen die politischen Rechte vorenthalten werden, sind jugoslawischer, bosnisch-herzegowinischer und türkischer Herkunft. Auch die Gemeindepräsidentin Bernadette Kündig bestätigt die rassistische Motivation: "Ich denke, es kann als Tatsache betrachtet werden, dass Leute aus dem Balkan in der Gemeinde Schwyz die höheren Hindernisse zu überwinden haben." Es ist die erste Abstimmung nach einem einjährigen Moratorium, das der Gemeinderat gegen Einbürgerungsgesuche verhängt hatte. Emmen LU, 24. November 2002 Die Stimmberechtigten lehnen sieben von zehn Einbürgerungsgesuchen ab. Horw LU, 28. November 2002 Im Einwohnerrat begründet Roger Jenni (FDP) seinen Antrag für eine hohe Gebühr (2000 Franken) für die Familiengärten damit, dass dann so "Mitbürger mit so leicht kantigen Geschichtsformen und den immer gleichen Namensendungen abgehalten (würden), dort auch anzutanzen." Bei einem weiteren Geschäft äussert sich Ruedi Meier (ebenfalls FDP) abfällig über Fixer, Kiffer und Homosexuelle. Die CVP-Fraktion verurteilt in einem Presse-Comminiqué die Voten "aufs Schärfste". Wattenwil BE, 30. November 2002 Die Musikgesellschaft hat Premiere für das Jahreskonzert mit Theater. Sie führt in den 1930-er Jahren geschriebenen Einakter "Der Kongoneger" auf, der viele rassistische Äusserungen und Anspielungen enthält, insbesondere Schwarzafrikaner als Menschenfresser verunglimpft. Einige ZuschauerInnen verlassen den Saal demonstrativ nach dem Konzert und vor Aufführungsbeginn. Der Hauptakteur und Vereinspräsident Heinz Strahm reagiert ungehalten auf Kritik. Ein Vertreter des Theaterverlages erklärt auf die Anfrage eines Journalisten: "Wir liefern dieses Stück nur noch auf Verlangen und versehen mit einer Warnung." Zürich, Ende November 2002 Frank Lübke, Leiter des Zentrums gegen Antisemitismus und Verleumdung (David), schreibt in einem offenen Brief, den er nach einem Anschlag auf ein von Israelis bevorzugtes Hotel in Kenya an "Bundesrat, Parlament, Schweizerinnen und Schweizer" richtet. Den Anschlag bezeichnet er als "das letzte Beispiel für die islamistisch-arabisch-palästinensischen Wahnsinnsschlächtereien gegen die jüdisch-israelische Zivilbevölkerung". Georg Kreis, Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, erachtet den Brief als "eine klare Verletzung der religiösen Gefühle von Muslimen in der Schweiz". Später schreibt auch die Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) von "einem bisher nicht vorstellbaren Missbrauch der Meinungsfreiheit" und von einem "eklatanten Verstoss gegen das Antirassismusgesetz". Anfang September 2003 erhebt die Zürcher Bezirksanwaltschaft Anklage gegen Lübke. Grenchen SO, 30. November 2002 Kurz vor Mitternacht fährt ein 35jähriger Libanese mit seinem Wagen durch das Stadtzentrum. Sein Weg kreuzt sich mit einer Gruppe von 15 Skinheads, die vor ihm die Strasse überqueren. Ein 36jähriger Skin bleibt auf der Strasse stehen und stoppt den Wagen, schlägt auf die Motorhaube und springt dann darauf. Aus Angst beschleunigt der Fahrer sein Fahrzeug, der Angreifer hält sich am Dachträger fest und schlägt auf die Windschutzscheibe, bis diese in Brüche geht. Nach der Fahrt durch mehrere Strasse fällt oder springt der Angreifer dann vom Wagen und wird auf das Trottoir geschildert, wo er verletzt liegen bleibt. Der Autofahrer fährt unverzüglich zum nächsten Polizeiposten, um Schutz zu suchen. Der Posten ist jedoch unbesetzt. Der Angegriffene gelingt die Fahrt zu einem anderen Polizeiposten. In der Zwischenzeit begannen die übrigen Skins, die dem Wagen zu folgen versuchten, bereits zu randalieren, indem sie weitere Personen und Fahrzeuge angriffen. Die Polizei interveniert mit mehreren Patrouillen und kann die Situation beruhigen. Derendingen SO, 30. November 2002 In der Nacht kleben Unbekannte beim Oberstufenzentrum selbstgefertige Plakate mit rassistischen und natiionalsozialistischen Parolen und Zeichen, unter anderem mit "Sieg heil" oder "Ausländer raus" sowie der Hakenkreuzfahne. Weiter schreiben die Täter "Hey Hitler" auf ein Geländer.